Rechnungshof kritisiert Versorgung psychisch kranker Menschen

Der österreichische Rechnungshof kritisiert in einem Bericht die Versorgung psychisch erkrankter Menschen durch die Sozialversicherung. Um die Lage für psychisch Erkrankte in Österreich zu verbessern, seien einige Verbesserungen notwendig.

Der Rechnungshof hat im März 2019 einen Bericht zur aktuellen Versorgungslage für psychisch kranke Menschen in Österreich erstellt. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden 2030 drei der fünf schwerwiegendsten Erkrankungen in Industriestaaten psychischer Natur sein. Der Rechnungshof stellt in seinem Bericht fest, dass es keine angemessene Reaktion auf die wachsende Bedeutung psychischer Erkrankungen gibt, obwohl auch die Folgekosten für die Allgemeinheit rapide steigen. Die Ausgaben für die Invaliditätspension und das Rehabilitationsgeld aufgrund von psychischen Erkrankungen stiegen zwischen 2007 und 2016 um 62 Prozent; die psychisch bedingten Krankenstandstage bei Erwerbstätigen um 1,8 Millionen Tage bzw. 94 Prozent.
Um die Lage für psychisch Erkrankte in Österreich zu verbessern, fordert der Rechnungshof folgende Verbesserungen:

  1. Übergreifende Versorgungskonzepte und konkrete Angebotsplanung:
    Bereits 2015 hatte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Versorgungslage in Österreich kritisiert. Der Ministerrat hat in den Gesundheitszielen bzw. das Ministerium in der Nationalen Strategie zur psychischen Gesundheit die Herausforderung der wachsenden Bedeutung psychischer Erkrankungen erkannt und strategische Festlegungen dazu getroffen. Trotzdem fehlt eine konkrete Angebotsplanung. Nur für Teilbereiche, insbesondere in der Kinder– und Jugendpsychiatrie, lägen konkrete Pläne vor.

  2. Mehr Daten über Verbreitung, Ursachen und Folgen psychischer Erkrankungen:
    Für eine wirksame Versorgung und für das Erstellen eines Versorgungsplans sind verlässliche Daten entscheidend. Diese fehlen aber momentan. Zudem sollen mehr Informationen über die Behandlung der Erkrankten gesammelt werden. Die Empfehlung der Prüfer lautet, eine zentrale Meldestelle einzurichten, die verfügbare Daten zusammenfasst und Empfehlungen ableitet.

  3. Rolle der AllgemeinmedizinerInnen:
    Die AllgemeinmedizinerInnen haben gemäss dem Rechnungshof eine entscheidende Rolle: Sie sind diejenigen, die häufig die erste Anlaufstelle für PatientenInnen sind. Doch nicht alle haben in ihrer Ausbildung Erfahrungen mit der Behandlung psychisch Kranker gesammelt. Erst seit der neuen Ausbildungsverordnung von 2015 sei dies verbindlich. Für alle anderen ist es immer noch freiwillig.

  4. Schaffung von vergleichbaren Tarifen:
    Zurzeit gelten für eine Leistung je nach AnbieterIn (Ärztin oder Arzt bzw. TherapeutIn) unterschiedliche Selbstbehalte und Anspruchsvoraussetzungen. Das mache es für die Betroffenen schwer durchschaubar. Der Rechnungshof empfahl, im Bereich Psychotherapie für die gleiche Leistung unabhängig von den Anbietenden vergleichbare Selbstbehalte und Anspruchsvoraussetzungen zu schaffen. Deswegen brauche es eine gesetzliche Neuregelung der Psychotherapieversorgung, am besten mittels Gesamtvertrag.

 

Über die AutorIn
BA Flavia Forrer

Redakteurin

Schlagworte Kostenerstattung