Dienstag, 21. April 2020

Darf ich jemanden zu einer Therapie raten?

Manche Sätze sagen sich nicht leicht. „Ich glaube, dir würde eine Psychotherapie gut tun“ ist so ein Satz. Vor diesem Satz ist meist einiges vorgefallen. Momente und Emotionen sind entstanden, die beunruhigen und vielleicht sogar überfordern. Denn man will ja nur das Beste. Aber wie sagt man das am besten?

Darf ich jemanden zu einer Therapie raten?

Zwischenmenschliche Beziehungen sind kompliziert: Egal, ob es sich um Geschwister, Freunde, Kinder oder Partner handelt. Oft fällt es besonders schwer mit den Personen offen zu sprechen, die einem sehr nahe stehen. Gerade wenn es sich um ein Thema handelt, das für viele Menschen so persönlich ist wie die eigene psychische Gesundheit. Es fällt einem daher nicht automatisch leichter, das Thema Psychotherapie anzusprechen, wenn man sich besonders nahe steht. Doch was kann man in dieser Situation tun?


Der Beginn eines gemeinsamen Weges

Grundsätzlich ist es wichtig, dass eine Therapie nicht im Affekt vorgeschlagen wurde oder gar im Streit. Es sollte genau reflektiert werden, wieso man dieser Meinung ist? Ist es Sorge? Seit wann besteht diese? Gäbe es Alternativen? Was führte zu diesem Punkt? Seien Sie sich erst mal selbst darüber klar, was ihre Motivation ist. Denn das Gespräch kann unter Umständen nicht einfach werden. An dieser Stelle muss auch klar gesagt werden, dass dieses Gespräch und ihre Rolle entscheidend für die nächsten Schritte ist. Bereiten Sie sich also gut darauf vor. Denn ihr/e Angehörige/r benötigt Sie danach mehr denn je.

 

Wie kann ich jemanden den Weg zur Psychotherapie erleichtern?

Wir haben hier einige Punkte zusammengefasst, die auf diesem Weg hilfreich sein können:

  • Signalisieren Sie ihren Support.

Es ist besonders wichtig zu zeigen, dass Sie da sind und ihre/n Angehörige/n unterstützen. Egal ob es sich, um Recherche, gemeinsame Terminvereinbarungen, Vorgespräche oder auch non-verbalen Support- wie einfach daneben sitzen, wenn er oder sie Websites von Therapeuten ansieht - handelt. Zu hören, dass man nicht alleine ist, kann Berge versetzen. Sprechen Sie daher aus, was sie für die Person empfinden und sichern Sie Rückhalt zu.

 

  • Achten Sie auf den Gesprächsrahmen

Wie bei vielen Dingen im Leben, ist auch bei diesem Gespräch das Timing besonders wichtig. Passen Sie sich da an die Person an. Wählen Sie ein intimes Setting und vermeiden Sie, dass weitere Menschen in Hörweite sind. Versuchen Sie auch die Stimmung ihres Gegenübers einzuschätzen. Beispielsweise ist es nicht ratsam in stressigen Phasen, bei schlechter Laune oder extremer Müdigkeit dieses Thema anzusprechen. Denn die erste Reaktion kann Abwehr und/oder Überforderung sein. Es ist daher besonders wichtig, dass eine positive Atmosphäre herrscht – auf beiden Seiten.

 

  • Bereiten Sie sich gut vor

Es kann gut sein, dass ihr Vorschlag einen Therapeuten zu sehen, nicht gut aufgenommen wird. Der Weg zur Therapie benötigt meist:

  • die Einsicht, ein Problem zu haben
  • einen gewissen Leidensdruck, um das Problem in Angriff zu nehmen und
  • -eine Portion

Versuchen Sie daher im Gespräch genau diese drei Facetten zu aktivieren ohne vorwurfsvoll oder belehrend zu sein. Das ist nicht einfach. Bereiten Sie sich gut vor, um möglichst viele Argumente und bestärkende Worte zu haben.

 

  • Machen Sie sich bewusst, dass der Satz ein Anfang ist und kein Ende.

Der Satz „Ich glaube, eine Psychotherapie könnte dir helfen“ ist immer ein Anfang. Denn der Satz muss auch mit einem großen Maß an Einsatz begleitet werden. Stellen Sie sicher, dass Sie darauf vorbereitet sind und es Ihnen damit gut geht. Jemanden in diesem Prozess zu begleiten, kann unter Umständen belastend sein. Achten Sie auch auf sich und Ihre psychische Gesundheit. Es gibt auch für Angehörige Selbsthilfegruppen, die auf diesem Weg Unterstützung bieten. Informationen gibt es auf www.hpe.at

 

Eine Psychotherapie ist das Beste, was man für die eigene psychische und mentale Gesundheit tun kann. Sie ist vielfach der Startpunkt auf einem Weg der Besserung. Sie als Angehörige oder Angehöriger spielen dabei eine entscheidende Rolle.

Dass Sie diese Zeilen lesen, ist bereits ein gutes Zeichen, dass Sie sich Ihrer Verantwortung, aber auch ihrer tollen Beziehung und der Chance, die eine Therapie bietet, bewusst sind.

Quellen:
Über die AutorIn
Caroline Korneli

Redakteurin

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